ca. 61 km

Die letzte Etappe war definitiv das Highlight. Es war die schönste, gleichzeitig aber auch die schwerste Etappe der Tour. Von Bulli ging es zunächst noch auf dem Radweg des Vortages ein kurzes Stück bis zur Hauptstraße, dort weiter auf flacher Strecke in einen Ort mit dem seltsamen Namen Thirroul. Der Name stammt wohl von den Aboriginies, auch wenn man sich dies angesichts der bergigen Umgebung als Mitteleuropäer anders herleiten würde. Die erste deutliche Steigung passierte ich vor der Einfahrt nach Austinmer. Ein sehr schönes Panoramafoto der Umgebung von Bulli, Thirroul und Austinmer findet sich auf Wikipedia.

Auf der Fahrt nordwärts über Coledale und Wombarra konnte ich gut beobachten, wie die 400 m hohe, steil abfallende Felsklippe immer näher an die Küste heranrückte und Strasse und Bahnlinie förmlich einzwängte. Der Princes Highway läuft als Autobahn bereits auf der Anhöhe hinter der Klippe und ist von hier nicht zu sehen. Kurz vor Scarborough musste ich wieder eine markante Stufe aufwärts, hatte oben aber einen schönen Parkplatz zum pausieren. Direkt neben mir befand sich die Bahnstation, dahinter ging es steil nach oben, und über allem thronen die braunen massiven Felsen des Cliffs. In Richtung Süden bot sich ein phantastischer Blick auf die Küstenlinie der Strecke, aus der ich gekommen war. Ich taufte es spontan die australische Riviera, es war ein spektakuläres Panorama, obwohl ich noch gar nicht so weit oben war.

Bei der Weiterfahrt war mir nicht klar ob und wann ich auf die Klippe hinauf muss. In Clifton schien es mir unvermeidlich, da die Felswand bis ans Meer heranrückt. Doch zu meiner großen Überraschung springt die Straße auf einer riesigen schlangenförmigen Brücke auf das Meer hinaus. Sie muss neu errichtet worden sein, ich sah die Reste der alten Strecke, die in die Felswand geschlagen ist und teilweise von Felsstürzen blockiert war. Es gibt auf der Brücke einen abgegrenzten Bereich für Fußgänger und Radler, und ich musste ordentlich bremsen, es ging zügig bergab nach Coalcliff. Dort weicht die Klippe wieder eine Stück zurück und spuckt weit oberhalb der Straße die Bahnlinie aus, die diese Passage im Tunnel bewältigt. An diesem Tunnelportal wird tatsächlich auch Kohle abgebaut.

Kaum aus dem Ort heraus, ging es die gleiche Stufe wieder hinauf, und das ziemlich zackig. Bei der Einfahrt in den nächsten Ort Stanwell Park trat das Cliff noch ein Stückchen weiter zurück, meine Hoffnungen stiegen, mich so durchhangeln zu können. Aber es ging nicht mehr bergab. Ich erinnere mich, auf ebener Strecke an einer Tankstelle vorbeigefahren zu sein, und dann ging es richtig zur Sache. Die Steigung beginnt in einer scharfen S-Kurve und setzt sich dann geradeaus fort. Es geht über etwa 2 km steil die Klippe hinauf. Zunächst passierte ich die Höhe der Bahnlinie, die danach unter mir im Tunnel verschwand. Erst an der Einmündung in die Otford Road hatte ich es geschafft. Glücklicherweise ist es hier nur etwa 200 m hoch. Ich bog rechts ab und hatte sofort den Stanwell Tops / Bald Hill Lookout vor mir - eine hochwillkommene Pause.

Wie so oft nach derart heftiger Kletterei: oben wartet die Belohnung in Form einer atemberaubenden Aussicht - dies alles unmittelbar südlich von Sydney. Ich konnte viele Details meiner hinter mir liegenden Strecke wiedererkennen: die schlangenförmige Brücke, Coalcliff, die Bahnlinie, alles wirkte von hier wie Spielzeug. Besonders beeindruckend ist die Höhendifferenz zwischen Straße und Klippe - siehe drittes Foto. Auf der Weiterfahrt bog ich unmittelbar hinter dem Lookout auf den Lady Wakehurst Drive in Richtung Bundeena ab. Für ein kurzes Stück geht es noch leicht aufwärts, von der gesamten Anhöhe hat man einen wunderschönen Blick über die Küste.

Dann begann der angenehme Teil des Radelns: es geht für gut 10 Kilometer das Tal des Hacking River hinab, zunächst steil, dann immer flacher werdend. Sehr angenehm ist das über der Strasse geschlossene Blattwerk des saftig grünen Waldes, das wie ein Sonnenschirm in der Mittagshitze wirkte. Am Ende dieses Abschnitts kann man nach links in Richtung Waterfall abbiegen. Dies ist ein Ort am Princes Highway, der auch über eine Bahnstation verfügt. Ich aber blieb auf meiner Route, die sich ab hier Sir Bertram Stevens Drive nennt und bald in einer scharfen 180 Grad Kehre nach rechts abbiegt. Die Straße windet sich in einer langen ausladenden Schleife aus dem Tal heraus. Es geht von etwa 70 m Höhe im Tal bis auf 220 m hinauf. Der Wald tritt dabei langsam zurück, und am Ende dieses sehr langen Anstiegs gibt es nur noch trockenes Buschland. Hier wurden mir langsam die Beine schwer und ich sehnte das Ende der Etappe herbei.

Bis zum Shrapnell Hill musste ich noch durch die trockene Gegend radeln, dann ging es rechts auf den Bundeena Drive in Richtung des gleichnamigen Ortes. Die letzten Kilometer vor Bundeena konnte ich abwärts fahren und bis in den Ort ausrollen. Einen schönen Blick auf diese Gegend des Royal National Park hat man auf diesem Foto. In Bundeena gibt es neben dem Caravan Park etwas weiter westlich am Meer den Bonnie Vale Campground, im Nachhinein bereute ich es, hier nicht Rast gemacht zu haben. Stattdessen fuhr ich zur Bundeena Wharf, und während ich dort auf die Fähre nach Cronulla wartete, konnte ich die wunderschöne Küste und das klare Wasser in Bundeena bestaunen. Die Bootsfahrt über die Gunnamatta Bay war sehr schön und erholsam für mich.

Auf der anderen Seite traf mich sofort die Hektik der Großstadt, der absolute Kontrast zum bisherigen Verlauf der Etappe. Ich besorgte mir erst einmal etwas Verpflegung, stürzte mich dann in den Großstadtverkehr von Sydney und verlor sofort wieder die Orientierung. Es gab keine Hinweisschilder auf die Brücke zur Botany Bay, und so fragte ich mich an einer Tankstelle durch. Selbst die Einheimischen mussten mich weiterreichen, bis sich jemand fand, der sich auskannte. Schließlich fand ich die Brücke am Taren Point hinüber nach Sans Souci, musste im dichten Linksverkehr noch mal rechts zur Botany Bay abbiegen und war schließlich wieder am Ausgangpunkt meiner Radtour in Sydney angekommen - zwei Tage früher als geplant.

Bulli - Bundeena - Sydney